Schülerfragebogen wird entschärft
Der umstrittene Schülerfragebogen zur Schulsozialarbeit wird entschärft. Das hat die Landesregierung nach Angaben von Teilnehmern am Freitag im Bildungsausschuss des Landtags angekündigt. Demnach sollen ab kommendem Schuljahr nur die Kerndaten der Schüler wie Name, Adresse, Geburtsdatum und Geschlecht verpflichtend erfasst werden, wenn diese das Angebot von Schulsozialarbeit an ihrer Schule in Anspruch nehmen wollen. Alle anderen Angaben, etwa zur sozialen Situation oder zum Migrationshintergrund, seien dann freiwillig. Auch solle bis Herbst geprüft werden, ob wirklich die Unterschrift der Eltern nötig ist.
Der Bildungsausschuss hatte sich auf Antrag der Grünen mit dem Thema befasst, weil die geänderte Richtlinie des Bildungsministeriums, die die Datenerhebung aufgrund von EU-Vorgaben vorsieht, für erheblichen Unmut unter den Trägern der Schulsozialarbeit gesorgt hatte. Bis zu 70.000 Schüler in Sachsen-Anhalt müssen die Fragebögen demnächst einreichen, um weiter zum Schulsozialarbeiter gehen zu können. Der Grünen-Abgeordnete Wolfgang Aldag hatte erklärt: „Wir brauchen einen Weg, der sicherstellt, dass sozial benachteiligte Kinder nicht aus dem Programm ausgeschlossen werden. Hierbei können wir von Erfahrungen unsere Nachbarbundesländer Sachsen und Thüringen profitieren.“ In Sachsen ist beispielsweise die Unterschrift der Eltern nicht verpflichtend. Sie wird von Schulsozialarbeitern als große Hürde gesehen, um Kinder mit Problemen im häuslichen Umfeld zu erreichen.
Ob Sachsen-Anhalt auch auf die Unterschrift verzichten kann, ist allerdings fraglich. So hätten Vertreter der Regierung im Ausschuss deutlich gemacht, dass bei Verstoß gegen die Auflagen der EU – die übrigens auf Initiative des EU-Parlaments so hohe Hürden aufweisen – die Gefahr drohe, dass Sachsen-Anhalt die Kosten von rund 120 Millionen Euro aus eigener Tasche bezahlen müsse. Im Unterschied zu Sachsen finanziert Sachsen-Anhalt nahezu die gesamte Schulsozialarbeit mit EU-Geld – muss sich also genauer an die Regeln halten.
Die Proteste von Trägern und der Gewerkschaft GEW zeigen offenbar trotzdem Wirkung. Anders als nach ersten Ankündigungen soll nun ausgelotet werden, wie weit man dem Anliegen der Schulsozialarbeiter nach möglichst wenig bürokratischem Aufwand und geringen Zugangshürden zu den Angeboten entgegenkommen kann. Entscheidend wird aber die Praxis sein. Führt der Fragebogen dazu, dass etliche Schüler einfach nicht mehr zum Sozialarbeiter gehen, dann müsse das Land reagieren. Darin seien sich Abgeordnete und Regierung einig gewesen, berichten Teilnehmer der Sitzung.
Die Opposition kritisiert die Datenerhebung nach wie vor: „Sie hält die Sozialarbeiter von der Arbeit ab und hat hohes Stigmatisierungspotenzial“, sagte Linken-Abgeordnete Birke Bull. Außerdem gebe es noch viele Unklarheiten. Doch die Verschiebung der Sammelaktion auf das kommende Schuljahr bringe nun Zeit und entkrampfe die Debatte etwas.