Interessenskonflikt? Welchen meinen Sie?
Es war eine freie und auch sehr freimütige Rede, die Golfplatzinvestor Norbert Labuschke bei der Eröffnungsfeier im August gehalten hatte, und Journalistenfragen nach möglichen Interessenskonflikten bei der Erstellung des Bebauungsplanes am Hufeisensee mussten danach einfach gestellt werden. Denn nicht nur kannte Labuschke alle Beteiligten des Verfahrens seit langem, und nicht nur sei der Präsident des Landesgolfverbands Thomas Leimbach (CDU) als früherer Präsident des Landesverwaltungsamtes gemeinsam mit der früheren Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados (SPD) daran beteiligt gewesen, den neuen und nun erfolgreichen Anlauf zu wagen, wie Labuschke es darstellte. Diese Dinge mögen noch in den Bereich politischer Landschaftspflege und lässlicher Verquickung von Amt und Ehrenamt fallen. Ohne ersteres hat es ein Investor überall schwer, so ein Projekt zu stemmen.
Aber aufhorchen ließ auch, was an diesem Abend über die Rolle der Stadtverwaltung selbst zur Sprache kam, die den politisch so umstrittenen Bebauungsplan erstellt hatte. Nach allgemeiner Vorstellung sollte eine Stadtverwaltung bei aller akzeptablen politischen Schwerpunktsetzung des Oberbürgermeisters zumindest so neutral sein, dass verschiedene Interessen in einem B-Plan-Verfahren sorgfältig abgewogen werden können. Gibt es hier Interessenskonflikte, kommen ernsthafte Zweifel auf.
Keinen Zweifel ließ Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) im August daran, dass er den Golfplatzplan stets vorbehaltlos unterstützte. Für ihn sei das eine Frage der Wirtschaftsförderung:
Wenn die Stadt so ein Angebot erhält, dann ist es für uns wesentlich, dass wir dem zustimmen.
Dass es aber sogar auf Verwaltungsebene enge familiäre Beziehungen zwischen dem federführenden Stadtplaner und dem Golfclub, also dem Hauptnutznießer der beruflichen Tätigkeit des Planers, gab – auch das eine Erkenntnis aus Labuschkes Rede -, ist noch eine andere Qualität.
Die prompten Nachfragen bei der Stadt hatten ein knappes Ergebnis: Die Stadt schaltete die ihre Innere Revision, das Rechnungsprüfungsamt, ein (dieser Blog berichtete), das zwei Wochen später zu einem Ergebnis kam, das Stadtsprecher Drago Bock in zwei knappen Sätzen übermittelte:
Die Vorwürfe gegen die Aufstellung des Bebauungsplanes wurden durch die interne Revision der Stadt geprüft. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass das Verfahren gesetzeskonform durchgeführt wurde.
Alles gesetzeskonform. Diese knappe Antwort, typisch für die Sadt, wenn es um politisch Brisantes geht, sagt nun aber praktisch gar nichts über die juristische und politische Dimension aus, solange nicht transparent gemacht wird, wie genau der konkrete Fall geprüft und bewertet wurde.
Das Rechnungsprüfungsamt arbeitet in Halle wie überall politisch unabhängig. Das ist in der Kommunalverfassung so festgelegt. Es muss, auch das steht im Gesetz, über seine Prüfungen einen Bericht anfertigen. Dieser steht aus.
Unabhängig davon hatte dieser Blog die Stadt um Antwort gebeten, welche Aufgaben genau der betreffende Stadtplaner im Zusammenhang mit der B-Planerstellung hatte, insbesondere ob er als Kontaktperson für den Golfplatzinvestor tätig und/oder mit der Anbahnung, der Planung oder Abwicklung des – ebenfalls umstrittenen – Grundstücksverkaufs an den Investor betraut war. Gefragt war auch, wie in der Stadtverwaltung dafür Sorge getragen wurde, dass es eben zu keinem Interessenskonflikt zwischen der Tätigkeit des Planers für die Stadt und seinen privaten Beziehungen zu Mitgliedern des Golfclubs Halle kommt, und ob es überhaupt in irgendeiner Form eine Prüfung auf mögliche Interessenskonflikte bei anderen (auch früheren) Mitarbeitern der Stadt gegeben habe.
Die Antwort auf diese Fragen ist wiederum knapp:
Zu Personalangelegenheiten gibt die Stadt keine Auskunft.
Natürlich ist Verwaltungshandeln in Deutschland gesetzlich geregelt. Dazu gibt es unter anderem das Verwaltungsverfahrensgesetz, ein Bundesgesetz. In Paragraph 20 ist dort geregelt, dass in einem Verwaltungsverfahren nicht tätig werden dürfe, wer Angehöriger eines Beteiligten ist. Einem Beteiligten stehe gleich, wer durch die Tätigkeit oder durch die Entscheidung [des Verwaltungsmitarbeiters, d.Red.] einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil erlangen kann. In Paragraph 21 dann heißt es:
Liegt ein Grund vor, der geeignet ist, Misstrauen gegen eine unparteiische Amtsausübung zu rechtfertigen, oder wird von einem Beteiligten das Vorliegen eines solchen Grundes behauptet, so hat, wer in einem Verwaltungsverfahren für eine Behörde tätig werden soll, den Leiter der Behörde oder den von diesem Beauftragten zu unterrichten und sich auf dessen Anordnung der Mitwirkung zu enthalten.
Inwieweit diese Regelungen in dem Fall zum Tragen kommen, ist allerdings offen. Der Golfclub Halle, in dem die Frau des Planers immerhin eine Vorstandsfunktion wahrnimmt, ist offiziell möglicherweise nicht Beteiligter des B-Plan-Verfahrens. Als Bauherr tritt die Golfpark Hufeisensee GmbH auf. Doch der Golfclub taucht immerhin unter „Nutzungsrecht“ auf dem Baustellenschild auf.
Womöglich muss man auch die juristische Bewertung von der politischen trennen: Was juristisch möglicherweise gerade so noch in Ordnung ist, muss politisch noch lange nicht opportun sein. Die Debatte dürfte jedenfalls noch lange nicht beendet sein.