Golfplatz: Club saß bei Planung auf beiden Seiten des Schreibtischs
In der Kontroverse um den Golfplatz am Hufeisensee werden immer neue Details bekannt: So ist der bereits thematisierte interne Interessenskonflikt bei der Erstellung des Bebauungsplans zum Hufeisensee offenbar noch gravierender, als bislang öffentlich bekannt. Das geht aus dem Prüfbericht der internen Revision hervor, der nun für diesen Blog eingesehen werden konnte. Auch hat die Stadt die Bauarbeiten am Golfplatz später offenbar nur lückenhaft kontrolliert. Zudem ist das Grundstück 2015 mit 45 Prozent Rabatt im Vergleich zum Bodenrichtwert an den Investor verkauft worden.
Punkt eins – Interessenskonflikt: Zwar kommt der Bericht zu dem allgemeinen Ergebnis, dass bei der Erstellung des Plans nicht gegen das Gesetz verstoßen wurde. Das hatte die Stadt in einer knappen Meldung auf Anfrage auch mitgeteilt. Was die Stadt aber nicht mitteilte: Die unabhängigen Prüfer hatten dennoch erhebliche Einwände an der Konstellation im Planungsamt.
Wie bereits berichtet, hatte der für den Bebauungsplan zuständige Stadtplaner enge familiäre Beziehungen zum Golfclub, also dem Nutznießer seiner Verwaltungstätigkeit. Neu ist: Der Mann war sogar seit Januar 2013 selbst Mitglied im Golfclub, seine Frau, die mittlerweile im Vorstand des Clubs sitzt, ist seit Februar 2013 Mitglied. Die Stadt hat diesen Konflikt nicht geprüft und auch nicht gesehen. Auch der Planer selbst hat ihn zumindest aktenkundig nicht angezeigt.
Die Prüfer kommen zu dem Schluss: Wenn die Erstellung eines Bebauungsplans ein normales Verwaltungsverfahren wäre, wäre so eine Konstellation ein Gesetzesbruch. Der Mitarbeiter hätte in diesem Fall von dem Projekt abgezogen werden müssen. Doch weil der Bebauungsplan auch durch die Gremien des Stadtrats beraten und am Ende vom Stadtrat beschlossen wurde, gilt hier ein anderer juristischer Maßstab.
Das Verfahren der Bauleitplanung, das auf den Erlass eines Bebauungsplanes als kommunale Satzung gerichtet ist, stellt kein Verwaltungsverfahren dar. Eine direkte Anwendung der §§ 20, 21 VwVfG [die die Befangenheit regeln, d.Red.] auf die mit der Bauleitplanung befassten Mitarbeiter scheidet damit aus rechtlichen Gründen aus.
Was wie eine verwaltungsrechtliche Besonderheit daherkommt, ist politisch dennoch brisant. Der Golfplatzplan war im Stadtrat immer umstritten. Es war das Gesamtpaket des Bebauungsplans, das am Ende den Ausschlag gab. Eine mögliche Lesart: Der Planer hat bei der B-Plan-Erstellung quasi politische Lobbyarbeit in eigener Sache gemacht, denn der Golfclub Halle saß im Rathaus stets auf beiden Seiten des Schreibtischs. Das freilich dürfte den wenigsten Stadträten bei der Abstimmung bekannt gewesen sein. Nun haben aber sie die Verantwortung dafür, und ein Großteil der im möglicherweise gefärbten B-Plan aufgeführten Dinge wird gar nicht umgesetzt – verständlich, dass sich manche vom Rathaus hintergangen fühlen.
Die Prüfer geben der Stadtverwaltung daher auch eine im Prüferdeutsch eindeutige Botschaft:
Gefordert wird, zukünftig regelmäßig zu überprüfen, ob und inwieweit die §§20, 21 VwVfG einschlägig sind. Empfohlen wird, trotz der grundsätzlichen Nichtanwendbarkeit [des VwVfG, d. Red.] in Bauleitverfahren einen Austausch der/des zuständigen Sachbearbeiter/s vorzunehmen, wenn Gründe vorliegen, die in einem Verwaltungsverfahren die Besorgnis der Befangenheit begründen würden.
Mit anderen Worten: Die Stadt hätte, um Zweifel und „eine öffentliche Diskussion, wie sie im vorliegenden Fall eingetreten ist,“ zu vermeiden, auch im B-Plan-Verfahren einen Interessenskonflikt ausschließen müssen, so die Prüfer.
Punkt zwei – Kontrolle der Bauarbeiten: Die Prüfer haben auch die Protokolle über Kontrollen der Stadt auf der Baustelle unter die Lupe genommen. Demnach hat es während der Bauarbeiten überhaupt nur zwei Besuche städtischer Mitarbeiter am Hufeisensee gegeben. Der erste war ein Abstimmungsgespräch bei Baubeginn am 8. März 2016. Der zweite fand schon vorher während der Phase der sogenannten Geländemodellierung statt und wurde von Mitarbeitern des Fachbereichs Bauen durchgeführt. Ergebnis: Keine Beanstandungen. Auch die Prüfer können aus den Protokollen keine Abweichungen von den Baugenehmigungen erkennen.
Offen ist, ob das alle Kontrollen sind, die auf der Baustelle stattgefunden haben. Die Stadt hat den Prüfern nicht alle angeforderten Unterlagen zur Verfügung gestellt. Sollte es wirklich nur zwei Kontrollen gegeben haben, dürften kritisch eingestellte Stadträte, die vor allem die Umweltveränderungen am Hufeisensee mit Argwohn betrachten, weiter Wasser auf ihre Mühlen bekommen. Denn Kontrollen der städtischen Umweltbehörden, etwa ob der schützenswerte Schilfgürtel am Hufeisensee beeinträchtigt wird, haben offenbar überhaupt nicht stattgefunden.
Punkt drei – Verkaufspreis: Gut eine Dreiviertelmillion Quadratmeter groß ist das frühere Ackergrundstück, das die Stadt dem Golfplatzinvestor verkauft hat. Verkaufspreis: 931.965 Euro. Im nichtöffentlichen Teil des Stadtrats hat diese Summe 2015 für erhebliche Diskussionen und ein denkbar knappes Ergebnis gesorgt: 29 zu 25. Zwar hatte ein Sachverständiger diese Summe für adäquat erklärt. Doch auch dessen Eignung wurde Thema der Debatte. Die Prüfer sagen zum ganzen Verkaufsvorgang, dass er juristisch nicht zu beanstanden sei:
Aus Sicht des FB Rechnungsprüfung sind die Grundstücksverkäufe ordnungsgemäß abgewickelt worden.
Der Stadtrat hat schließlich zugestimmt. Zum ersten Mal wird jedoch klar, wie sich der vergleichsweise geringe Kaufpreis von 1,21 Euro pro Quadratmeter damals berechnete. So heißt es im Prüfbericht:
Ausgehend vom indexierten Bodenrichtwert für Ackerland wurden Abschläge vorgenommen, insgesamt 45 Prozent.
Die Stadt hat dem Golfplatzbetreiber übrigens noch ein anderes Kaufangebot gemacht, wohl für den Fall der geplanten Erweiterung des Platzes. So könnten weitere knapp 75.000 Quadratmeter städtischen Lands den Besitzer wechseln. Den im Prüfbereicht genannten Preis hat die Stadt geschwärzt. Das Angebot gilt bis Ende 2019.