Partyfeminismus mit „Hysterie“
Am Vorabend des sogenannten Männertags steigt am Mittwoch in der Goldenen Rose eine etwas andere Party: eine Party mit feministischem Anspruch, inklusive vorgelagertem Diskussionsabend. Organisiert wird sie von der Gruppe „Hysterie“. Ein Gespräch über feministische Partys und Feminismus in Halle mit Annkatrin Gack.
Wer seid Ihr, und was genau findet am Mittwoch statt?
Wir sind die Gruppe „Hysterie“, circa zwölf bis 15 Frauen, die in verschiedenen Gruppen der alternativen Musikszene in Halle Partys und Veranstaltungen mitorganisieren. Vor circa einem Jahr haben wir uns dann als eigene Gruppe zusammengefunden, um auch einmal rein von Frauen organisierte Partys zu machen, auf denen ausschließlich Frauen auflegen. Die Party am Mittwoch ist unsere zweite.
Wie sieht so eine feministische Party aus?
Zu Beginn gibt es eine sicherlich spannende Diskussion mit zwei spannenden Feministinnen: mit der Erziehungswissenschaftlerin Dayana Lau und der Politikwissenschaftlerin Annika Sominka vom Projekt FEM-Power. Danach werden auf zwei Floors sechs DJanes auflegen, eine große Mischung von Hip Hop über Techno, Downbeat, Afrohouse bis zu Disco Funk.
Warum macht Ihr überhaupt dezidiert feministische Tanzpartys?
Wir wollen auch im Bereich der alternativen Musikszene männlich dominierte Strukturen aufbrechen, denn wir haben die Erfahrung gemacht, dass sich auch in solchen alternativen und progressiven Gruppen Rollenbilder und Rollenaufteilungen wiederfinden, die nicht immer hinterfragt werden oder nicht leicht hinterfragbar sind. Also wollen wir Räume schaffen, in denen alle Aufgaben von der Orga bis zum Auflegen nur von Frauen übernommen werden. Daneben sind wir alle aber auch weiter in den anderen Kollektiven aktiv und organisieren auch weiter Partys gemeinsam mit Männern.
Wie muss man sich „männlich dominierte Strukturen“ in der alternativen Musikszene vorstellen?
Natürlich gibt es in unseren Gruppen keine Männer, die Frauen irgendwie bewusst unterdrücken wollen. Das alternative Milieu in Halle ist da schon sehr offen, vielfältig und auch durchaus fluide, was Rollenmuster angeht. Und trotzdem gibt es auch in dieser eigentlich alternativen Szene immer noch viele Quasi-Automatismen. Vieles läuft auf der unbewussten Ebene. Männer bauen meistens die Musikanlage auf, Männer preschen eben doch oft vor, sagen schneller „Ich kann das!“ und machen es dann. Auch in so einer Umgebung müssen Frauen mehr kämpfen und benötigen immer einen höheren Energieaufwand, um zum Zuge zu kommen. Wir wollen einen geschützten zusätzlichen Raum schaffen, der frei davon ist. Wo Frauen auflegen, sprechen und organisieren können. So werden beinahe automatisch auch Diskurse über Feminismus ermöglicht.
Wo steht der Feminismus aus Deiner Sicht heute? Wie weit ist der Kampf um Gleichstellung der Geschlechter?
Im feministischen Kampf ist schon vieles erreicht worden, aber Geschlechtlichkeit ist immer noch wie eine Folie, die über unserer Gesellschaft liegt. Die strukturelle Ungleichheit zwischen den Geschlechtern gibt es nach wie vor. Wir leben immer noch in diesem binären Mann-Frau-System. Geschlecht ist immer die allererste Kategorie, in die man eingeordnet wird. Das wollen wir bewusstmachen. Für mich ist zum Beispiel Equal Pay, gleiche Bezahlung, nach wie vor hochrelevant. Da geht es auch um einen breiteren Blick, etwa darauf, welche Berufe aufgrund ihres Geschlechterbildes wie honoriert werden. Da gibt es noch viele Kämpfe auszufechten. Aber der Fokus unserer Gruppe „Hysterie“ liegt vor allem auf der Musikszene. Auch dort sind Frauen in der Organisation als auch in den Acts selbst stark unterrepräsentiert.
Feminismus ist immer ein umkämpftes Gebiet. Wie geht Ihr damit um?
Aus der Queer-Debatte heraus könnte man vielleicht zu Recht einwenden, dass wir lediglich die Frau als Frau reproduzieren. Und dann gibt es natürlich auch oft den Vorwurf, wonach wir Männer oder Frauen in geschlechtergemischten Gruppen diskriminieren würden. Ja, das tun wir in dem Moment, und dessen müssen wir uns auch bewusst sein. Aber unsere Debatte ist ein offener Prozess. Zur Zeit ist es aus unserer Sicht eben nötig, so einen Raum nur für Frauen zu haben. Unsere Partys sind außerdem, um das nochmal klarzustellen, überhaupt gar nicht „nur für Frauen“. Ganz im Gegenteil: Wir freuen uns über jeden Menschen, über jede Person, wie auch immer sie sich identifiziert, die zu unserer Veranstaltung kommt. „Frauen only“ gilt nur für die Orga-Seite. Und wer uns kritisieren möchte oder sich angegriffen fühlt, ist herzlich willkommen, mit uns zu diskutieren.
Veranstaltungsdaten:
Mittwoch 24. Mai 2017, Goldene Rose, Rannische Straße 19, Halle
20 Uhr, Diskussion „Why gender matters – Feminismen in Wissenscahft, Politik und Popkultur“ mit Dayana Lau und Annika Sominka
23 Uhr Party mit DJanes Rota, Lady M, Sofia, Sunny, Freifrau von Grün, Nahfi Naschwi
Eintritt auf Spendenbasis
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