Golfplatz hui – Hufi pfui
Das Schild sagt: „Stop: Gefahr durch fliegende Golfbälle.“ Die Betreiber des Golfplatzes am Hufeisensee in Halle gehen auf Nummer sicher. Dabei übt nur ein Rentnerpaar zaghaft Abschläge. Der Zaungast ist da keineswegs in Gefahr. Aber der Badegast ein paar Meter weiter am neu aufgeschütteten Sandstrand? Gestern hat die Stadtverwaltung mitgeteilt, dass das Baden in dem längst renaturierten Tagebaurestloch wegen zweier Chemikalien gefährlich sei und man deswegen den See nicht zum Badegewässer erklären wolle.
Neue Schilder sind zwar noch nicht aufgestellt. „Wildes Baden“ wird offenbar wie bisher geduldet. Doch mit dem Paukenschlag steht nun offenbar das ganze Konzept in Frage, das dem im Stadtrat heftig umstrittenen Golfplatzplan erst zum knappen Durchbruch verhalf. Der Hufi werde durch die flankierenden Maßnahmen – Badestrände, Rundweg, Campingplatz, Wassersport – aufgewertet, das wilde Treiben am letzten unbebauten größeren Gewässer von Halle habe ein Ende, hieß es damals.
Anderthalb Jahre später jedoch ist Realität: Der Golfplatz wird demnächst zwar schick eröffnet, vom Rundweg jedoch, der ein lieblos hingeklatschtes Asphaltmonster ist, ist bisher nur das nötigste fertig, nämlich gerade das Stück am Golfplatz. Bei Campingplatz und Wassersport ist nach wie vor nichts spruchreif. Und von den Badestränden ist bislang einer halbwegs herzeigbar – natürlich vom Golfplatz aus gut zu sehen. Nur darf dort eben auf absehbare Zeit nicht gebadet werden.
Warum ausgerechnet jetzt die Wasserqualität bemüht wird, bleibt unklar. Bei den Chemikalien, die bei den seit 2013 laufenden Messungen im See nachgewiesen wurden, handelt es sich um das krebserregende Vinylchlorid und ebenfalls als giftig eingestufte leichtflüchtige halogenierte Kohlenwasserstoffe (LHKW). Das geht aus einer Antwort der Stadt an die Stadträtin Regina Schöps (Neues Forum) vom vergangenen Dezember hervor.
Aber es lohnt ein genauerer Blick: Das Vinylchlorid wurde lediglich an einer von insgesamt 16 Messstellen in zu hohen Konzentrationen nachgewiesen. Dort am Nordufer ist kein Badestrand geplant. Anerkannte Richtwerte für Badegewässer gibt es zudem gar nicht. Folglich wurde der Richtwert für Trinkwasser angesetzt. Diesem „liegt der Aufnahmepfad tägliches Trinken zugrunde“, heißt es in der Antwort. Hufeisenseewasser ist demnach, was Vinylchlorid angeht, gefährlich, wenn man täglich ein Gläschen davon trinkt. LHKW überstieg zudem nur an zwei einzelnen Messterminen im Winter 2014/15 die Trinkwasserrichtwerte.
Der Golfplatzplan stand im März 2015 zur Abstimmung. Die Messwerte waren der Stadtverwaltung da bekannt. Die Stadtverwaltung sagt auf Anfrage, es gebe keine neue Sichtweise – so als ob schon immer die Rede davon war, dass der Hufi „wildes Badegewässer“ bleiben solle.
Frage: Widerspricht nicht die (geplante) Einrichtung von offiziellen Badestellen den Plänen, den Hufeisensee nicht zum Badegewässer zu erklären?
Antwort Drago Bock, Pressesprecher der Stadt: Nein. Der Hufeisensee ist nicht als EU-Badegewässer ausgewiesen. Mit dem Bebauungsplanes 158 „Erholungsraum Hufeisensee“ wird planungsrechtlich das Ziel verfolgt, drei Liege- und Strandbereiche als Angebot auszuweisen.
Die Dokumente zum Bebauungsplan 158 sind auf dieser Seite abrufbar. Dort ist stets vom Baden die Rede, auch von einem Freibad. Vom Badestrand zur Liegewiese – so schnell kann der Traum vom geregelten Badebetrieb platzen. Und ob ein Campingplatz der lediglich mit Liegewiesen aber nicht mit einem Badestrand werben kann, jemals eine wirtschaftliche Perspektive hat, ist fraglich.
So drängt sich der Eindruck auf, dass die Kritiker recht behalten, die im großen Hufeisenseeplan nur ein verkapptes Vehikel sahen, um dem Golfplatz zum Durchbruch zu verhelfen. Zwar hält die Stadt zunächst daran fest, den Hufi als Naherholungsgebiet weiterzuentwickeln. Die entsprechenden Haushaltsanmeldungen für die Jahre 2017 bis 2021 seien gemacht, so Drago Bock. Doch es bedarf nicht viel Fantasie, um sich das Szenario auszumalen: Angesichts knapper Kassen wird die Sinnhaftigkeit dieser Investitionen schnell zur Debatte stehen. Finanzierungsvorbehalt nennt sich das. Die schwarze Null hat schon so manchen Plan begraben. Und wer braucht ein erschlossenes Naherholungsgebiet an einem Hufeisensee, um den man vielleicht schön radeln kann, aber in den man nicht hineinspringen darf?
Golfplatz hui – Hufi pfui. Das haben Investor und Stadt toll hinbekommen! Aber vielleicht tut sich ja noch was.